Welttag des Buches: Tipps zum Schmökern
23.04.2023
Mit einem guten Buch auf die Couch und den Sonntagnachmittag genießen – wann ginge das besser als heute, am Welttag des Buches? Seit 1995 ist der 23. April von der UNESCO weltweit eingerichteter Aktionstag für das Lesen, für Bücher und die Kultur des geschriebenen Wortes.
Bei Radio MORA geht es zwar meist um das gesprochene Wort, aber natürlich geben auch wir dem Buch den Stellenwert, den es verdient, sind doch auch einige Leseratten unter uns: Jeden Mittwoch hört ihr um 9.30, 12.30 und 15.30 Uhr die Buchtipps von Andrea Kerstinger. Hier bekommt ihr nicht nur spannende Tipps für eure nächste Lektüre, sondern hört auch Interessantes über Inhalt, Stil und Hintergrund des Buches sowie über Autor:in und Verlag.
Andrea Kerstinger ist selbst Autorin und hat zuletzt die Anthologie „Fingerübungen“ im Verlag edition lex liszt 12 veröffentlicht. Anlässlich des Welttag des Buches gibt es hier für euch Andreas Top Tipps an Frühlingslektüre:
- Lügen über meine Mutter von Daniela Dröscher
„Lügen über meine Mutter“ von Daniela Dröscher wurde für den deutschen Buchpreis nominiert. Es geht um die Mutter von Ella, die sich um alles kümmert – den Haushalt, den Einkauf, das Essen, den Ehemann und die zwei Kinder. Auch für ein drittes Kind aus der Verwandtschaft übernimmt sie die Obsorge. Sie verdient Geld, kümmert sich um den Hausbau und später auch um die eigene pflegebedürftige Mutter. Nur um eine Sache kümmert sich Ellas Mutter nicht –um sich selbst, denn dafür bleibt keine Zeit mehr. Ihr Mann ist ihr keine große Stütze, im Gegenteil, er verbringt die Abende und Wochenenden am Tennisplatz oder im Wirtshaus und kritisiert seine Frau wo immer es geht. Dauernd hält er sie mit Gewichtskontrollen und Diätanweisungen auf Trab. Mittendrin ist Ella, die in ihrer kindlichen Naivität, das, was rundum geschieht, nicht richtig einordnen kann. Aus ihrer Perspektive verfolgen die Leser:innen das Geschehen mit. Zwischen den Kapiteln gibt es auch essayistische Einschübe aus Erwachsenensicht. Die Demütigungen, die Ellas Mutter über sich ergehen lassen muss, lassen einen definitiv nicht kalt – zumal, da es eine wahre Geschichte ist. Für Leser:innen definitiv ein hochemotionales Buch.
- Die nächste Depperte von Susanne Kristek
Susanne Kristek hat sich vorgenommen, Bestseller-Autorin zu werden und das beschreibt sie in ihrem Buch „Die nächste Depperte – Von einer, die auszog, um Autorin zu werden“. Sie lässt nichts unversucht, um sich diesem Traum anzunähern: Sie macht einen Heilfasten-Schreibkurs im Kloster (kann sich dann vor lauter Hunger aber gar nichts aufs Schreiben konzentrieren), sie macht Outdoor-Promotions vor einer Buchhandlung (da sie aber keinen Erfolg damit hat, kauft sie selbst ein paar Stück davon, um die Verkaufszahlen anzukurbeln) und hat die Idee, ein Kinderbuch zu verfassen. Susanne Kristek gibt aber nicht auf und lernt zur richtigen Zeit den Shottingstar der burgenländischen Literaturszene, Martina Parker, kennen. Sie kennt auch die bekannte Buchhändlerin Petra Hartlieb und wird von Elke Heidenreich empfohlen – beste Voraussetzungen also, um als Autorin erfolgreich zu sein. Das Buch ist mehr ein humoriger und selbstkritischer Erfahrungsbericht, der herrlich ehrlich ist.
- Gleich unter der Haut von Berthe Obermanns
In Berthe Obermanns Roman „Gleich unter der Haut“ geht es um eine Geschichte, die aus der Sicht von Niklas erzählt wird, ein junger Erwachsener, der sich nach dem Unfalltod der Eltern um die Oma kümmert. Die Oma ist dement und auch pflegebedürftig. Niklas hat wenig Kontakt zur Außenwelt, seine Schwester Nora lebt in einer anderen Stadt. So lebt Niklas dahin bis er „sie“ kennenlernt – das ist „Lu“, die ganz anders ist, als alle anderen Frauen. Sie ist liebenswürdig und verständnisvoll, aber auch undurchsichtig und strahlt eine undefinierbare Gefahr aus. Auch als Leser:in spürt man, dass den Protagonisten nichts Gutes bevorsteht.
- Gerade gerückt von Beate Hausbichler & Noura Maan
Die Schicksale von 28 berühmten Frauen werden in dem Sachbuch „Gerade gerückt – Vorverurteilt, skandalisiert, verleumdet: Wie die Biografien prominenter Frauen verzerrt werden“ thematisiert. So etwa die Biografie von Monica Lewinsky, die eine Affäre mit dem US-amerikanischen Präsidenten Bill Clinton hatte. Als die Affäre herauskam, tat das Clintons Karriere keinen Abbruch – Lewinskys Ruf wurde regelrecht durch den Dreck gezogen, sie wurde zur Witzfigur. Oder Yoko Ono, die immer als Grund für die Auflösung der Beatles bezeichnet wurde, obwohl die anderen Bandmitglieder dies immer wieder dementiert hatten. Auch Natascha Kampusch, die als Zehnjährige entführt wurde und sich nach acht Jahren befreien konnte, wurde Teil einer medialen Schmutzkübelkampagne. „Gerade gerückt“ ist ein Sachbuch, in dem die Schicksale vieler berühmter Frauen beleuchtet werden – sehr zu empfehlen!
- Offene Gewässer von Romina Pleschko
Romina Pleschkos zweiter Roman trägt den Titel „Offene Gewässer“. Es geht hier um Elfi, die immer schon eine Außenseiterin war. Sie zieht zu ihrer sehr strengen Großmutter nach Liebstadt am See und wird dort von den Ortsbewohner:innen immer sehr argwöhnisch betrachtet. Elfi findet nie richtig Anschluss bei dem Menschen im Ort, freundet sich aber am Friedhof mit betagten Witwen an. In einem Schauspielkurs lernt sie auch ihren späteren Mann kennen. Viele Jahre später, als die Ehe bereits geschieden ist, kommt Elfriede an den Ort ihrer Kindheit zurück. Es hat sich hier wenig geändert, sie gilt immer noch als Sonderling. Elfriede besitzt auch ein Seehäuschen, allerdings soll ohne ihre Zustimmung dort ein Hotel gebaut werden – was den Widerstand in ihr weckt! „Offene Gewässer“ ist ein Anti-Heimatroman, in dem Pleschko mit scharfer Zunge und gewitzten Seitenhieben die ländliche Bevölkerung seziert. Ein herrliches Lesevergnügen!
Wenn ihr mehr spannende Buchtipps wollt, schaltet doch mal ein: Mittwoch/ Szerda um 9.30, 12.30 oder 15.30 Uhr zu unserem Buchtipp/ knjiga dana!
Viel Spaß beim Lesen! But voja!
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